Hinter den Spielen mit Fotos von Sebastian Wells

23. Juli 2021, 19:00
ausstellung  

Pyeongchang, Südkorea, 18.02.2018: Skispringen Training von der Großschanze im Alpensia Ski Jumping Center.

Sebastian Wells einen Sportfotografen zu nennen, wird seinen Bildern nicht gerecht und er selbst lehnt die Bezeichnung auch ab. Zwar hat der Fotograf, seit 2019 Mitglied der Agentur Ostkreuz, selbst eine Vergangenheit als aktiver Läufer und ist seit vielen Jahren bei Sportereignissen als Fotograf unterwegs. Sein Bild von Leichtathletik-Star Usain Bolt nach dem gewonnenen 100-Meter-Finale bei den Olympischen Spielen in Rio wurde 2016 vom Verein der Sportjournalisten gar als „Sportfoto des Jahres“ ausgezeichnet. Wells´ Interesse reicht jedoch tiefer. Mit seinen Fotos schaut er hinter die Kulissen der Massenspektakel mit Milliardenbudget, zu denen Weltereignisse wie die Olympischen Spiele geworden sind. Jenseits des Scheinwerferlichts hinterfragt er deren Monumentalität, die ja nicht zuletzt einen ungeheuren Energie- und Ressourcenverbrauch bedeutet. Wo etwas nicht stimmt in den Inszenierungen der Sportfunktionäre, wenn der Vorhang gefallen ist, fängt es für ihn an, interessant zu werden.

Bei alldem verfügt Wells durchaus über die Tugenden, die einen guten Sportfotografen ausmachen; das Gespür für den richtigen Moment, der gerade im Sport manchmal nur Sekundenbruchteile umfasst, das instinktive Gefühl für eine dramatische Bildgestaltung und -komposition, wozu nicht zuletzt die perfekte Beherrschung der Technik gehört. Ausgestattet mit diesen Tugenden interessieren ihn aber weniger die strahlenden Sieger, als vielmehr die Randfiguren in einem Spiel, dessen Regeln zunehmend angezweifelt werden. Seit Jahren wächst die Ablehnung gegenüber sportlichen Megaereignissen, weil die Bürger die Nachhaltigkeitsversprechen der Organisatoren nicht mehr glauben. Zu viele Olympische Spiele oder Fussball-Weltmeisterschaften haben ökologische und infrastrukturelle Ödnis anstatt der versprochenen Nachnutzung hinterlassen. Wells´ Bilder vermitteln eine Ahnung, wie gravierend die Eingriffe in vormals intakte Ökosysteme sind, die im Namen des Sports häufig vorgenommen werden.

Die Bilder aus der Welt des Sports sind indes nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Themenspektrum des 1996 geborenen Fotografen, der 2018 seine Ausbildung an der renommierten Ostkreuzschule abgeschlossen hat. Mit derselben Empathie und dezidierten Haltung fotografierte er in jüngster Vergangenheit die Verhältnisse im Flüchtlingslager Moria oder erzählte von den Verheerungen des Erdölzeitalters am Beispiel Siziliens. Aktuell verweilt Sebastian Wells in Tokio bei den Olympischen Spielen.

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Foyer, Franz -Mehring-Platz 1 D-10243 Berlin

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