„Propaganda als Waffe“ als letzte Warnung und Vermächtnis

01. Januar 1937
chronik  

Mit der Auflösung der IAH nach dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale und der Ausgliederung der Éditions du Carrefour durch den Schweizer Kommunisten Karl Hofmaier aus dieser Organisation, kam mit dem allmählichen Funktionsentzug Münzenbergs im zweiten Drittel des Jahres 1937 und der Übergabe der Mittel an den tschechischen Komintern-Funktionär Bohumil Šmeral auch das Ende des Verlags. Unter den letzten drei Büchern war die unter seinem Namen erschienene, ebenfalls international beachtete Schrift „Propaganda als Waffe“. In einem 1958 an Manfred George geschriebenen Brief behauptete Münzenbergs alter Freund und Autor Kurt Kersten, dass in Wirklichkeit er dieses Buch geschrieben habe. Wer das Buch kennt, wird von der Wahrscheinlichkeit dieser Behauptung überzeugt sein. Es wird hier nicht mehr dargestellt, dass eigentlich die heldenhaft gegen den Faschismus kämpfende Arbeiterklasse nur durch Terror niedergehalten wird, sondern gefragt, wie es gelingen konnte, dass die Nationalsozialisten so große Massen für sich gewinnen konnten. Der zentrale Satz lautet: „Die Hitlerpropaganda war bis heute vor allem auch deshalb erfolgreich, weil es keine ernsthafte Gegenpropaganda gab.“ (Willi Münzenberg, Propaganda als Waffe, (Neuauflage), Jossa 1977, S. 193). Wenn aber die KPD-Führung behauptete, ihre Politik sei vor 1933 richtig gewesen, dann musste auch schon diese Feststellung ein Sakrileg sein. Folgerichtig reagierte die KPD-Führung wütend und verurteilte Münzenbergs invers aufgestellte Forderung, an Hand der Nazipropaganda das Problem der Massenpsychologie ernsthaft zu beachten, als Kniefall vor der bür-gerlichen Ideologie. Vielleicht waren solche Vorbehalte auch schon der Grund, das für 1936 angekündigte Buch Rudolf Feistmanns „Hitlers neue Armee und ihre Zersetzung. Der Kampf gegen die nationalsozialistische Militärpsychologie“ nicht erscheinen zu lassen? Denn dieses Buch erschien ebenso wenig wie das ebenfalls für 1936 angekündigte von Leo Lania „Das gelobte Land. Ein Querschnitt durch die deutsche Republik und ein Roman der deutschen Juden.“

Das letzte Buch der Éditions du Carrefour war wohl die von Maximilian Scheer besorgte und vom Überparteilichen Deutschen Hilfsausschuss her-ausgegebene Schrift „Blut und Ehre“. Das Vorwort hatte Emil Julius Gumbel verfasst, mit dem sich Münzenberg gemeinsam auf der „Ersten Aus-bürgerungsliste des Deutschen Reiches“ befand, und der wohl inzwischen kein besonderer Freund der Kommunisten mehr war, Münzenberg aber im Sebastian Brant Verlag als Mitstreiter erhalten blieb.

 

Willi Münzenbergs Buchverlage im Exil. Die erfolgreichsten Verlage der Emigration.

Beiträger: Werner Abel, Esther Winkelmann, Raimund Waligora