Von Trumpworten, Manifesten und der Lehre der Geschichte
Am 1. November 2016 eröffnete die Heartfield-Grosz-Ausstellung #montage16 im FMP1. Mehr als 100 Gäste erlebten mit uns Vernissage und Preisverleihung zur wahrscheinlich bemerkenswertesten Ausstellung in den letzten Monaten des Jahres 2016. In den darauffolgenden Wochen folgten viele weitere Besucher. Nicht zuletzt auch deshalb, weil wir zusätzlich zur Ausstellung, unserer Tradition folgend, die MÜNZENBERG LEKTIONEN anbieten. Die bisherigen „Betreuer“ der Münzenberg Lektionen: die stimmgewaltige Ana Fonell und Jean Peters vom Peng! Kollektiv. Beide mit unterschiedlichen Agenden und Programmen, beide mit Botschaften am Zahn der Zeit und des aktuellen gesellschaftlichen und politischen Geschehens.
100 Jahre alte Briefe erschreckend aktuell
Die Großnichte mit der bezaubernden Stimme – Ana Fonell liest auf ganz besondere Art aus Briefen ihres Großonkels Grosz. Mit Gesang zieht sie ihr Publikum in den Bann einer Sprache und den Kontext einer Gesellschaft von vor knapp 100 Jahren. Moment – soll das wirklich alles historisch sein? Nur der Ausdruck lässt erahnen, dass es sich bei ihrer Vorstellung um Fragmente der Geschichte handelt, um Botschaften aus der Vergangenheit. Dem Kopf fällt es schwer zu realisieren, dass nicht vom jetzt und heute, vom „… Hass gegen die Presse ..“, dem“… Hass gegen die Reklame …“ oder dem „… Hass gegen die Sensation …“ die Rede ist. Von Technologie, die da die Kunst ablöst ist die Rede. Von der Entladung der Kriegsgewitter wird vorgelesen. Vor allem ist aber die Rede von Dada, einer Kunstform, vor allem auch durch Heartfield und Grosz geprägt. Wie treffend, dass wir uns den Ausstellungsräumen befinden, in denen vor allem die Werke Grozs zu bestaunen sind, politische Werke, kritische Werke. Und das Ergebnis der Lektion? Es drehen Besorgnis erregende Gedanken ihre Kreise, mit Blick auf gestern, mit Blick auf heute. Was können wir tun, bei all den Unsicherheiten und all dem Hass und sprechen die emotionalen und hasserfüllten Bekenntnisse der „neuen“ Rechtspopulisten tatsächlich für eine Menge an „… Menschen denen ihr Sessel wichtiger ist als der Lärm der Straße und die sich einen Vorzug daraus machen von jedem Winkelschieber übertölpelt zu werden …“?
Wenn Torten und Geheimdienste Trumpworten suchen
Es ist Dienstagabend, der 15.11.2016, eine Woche nach der ersten MÜNZENBERG LEKTION. Etwa eine Woche nachdem auch klar wurde, wer zum 45. Präsidenten der USA gewählt wurde. In den Nachbarräumen finden gerade Koalitionsvertragsabstimmungen von „DIE LINKE“ statt. Durch unseren Lektionsabend wird Jean Peters leiten. „Ich frage mich, wir alle fragen uns wahrscheinlich gerade, wie können wir mit der ganzen Scheiße, die da draußen gerade passiert umgehen?“ Es erscheint die erste Folie seiner auf HTML-Basis vorbereiteten Präsentation. Headline: „Trumpworten“ So die ersten Eindrücke und es macht sofort PENG!
Jean Peters ist an diesem Abend Botschafter, Erklärer und Fragensteller. Sich selbst sieht er „irgendwie als Werber“, nur eben verkleidet als Aktivist (oder umgekehrt?). Er spricht von fliegenden Torten und öligen Luftreinigungsmaschinen, von Geheimdienstaussteigern und Fluchthilfe – er entführt uns in die Welt des Peng! Kollektiv. „Peng! ist ein explosives Gemisch aus Aktivismus, Hacking und Kunst im Kampf gegen die Barbarei unserer Zeit.“ werden wir auf der Website von Peng! aufgeklärt. Und genau das ist es, was Jean uns auch darstellt. Kampagnen, die den Weg in die breite Öffentlichkeit und Medien gefunden haben, wie „Tortaler Krieg“ (wir erinnern uns – Beatrix von Storch, stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei AfD, hat während einer Sitzung überraschende Berührungspunkte mit einer fliegenden Torte), „Intelexit„, eine Initiative, die sich an Geheimdienstmitarbeiter/innen richtet und beim Ausstieg unterstützen soll oder „Fluchthelfer.in“, eine Kampagne, die „die Idee von Fluchthilfe in die EU für Geflüchtete verbreitet – zum Beispiel, indem man Geflüchteten eine Mitfahrgelegenheit auf der Heimreise vom Urlaub anbietet.“ Wir sind beeindruckt und doch bleibt uns Jean eine Antwort schuldig: „Wie umgehen mit der ganzen Scheiße?“ kann er nicht beantworten, appelliert aber, dass nichts zu tun eben auch keine Option ist. Die Frage ging also auch an uns. Wie umgehen mit den aktuellen Ereignissen? Auch wir, das Publikum, bleiben ihm an dieser Stelle eine Antwort schuldig.
Wie geht´s jetzt weiter?
Während der urbane Geist limitierte Einhornschokoladen auf den digitalen Auktionshäusern dieser Tage ersteigert, bereiten wir die nächste Lektion vor. Am kommenden Dienstag, dem 22.11.2016, empfangen euch gleich mehrere Protagonisten in den Räumen des FMP1. Ganz im Sinne Heartfields und Grozs, ganz im Sinne der Ausstellung #montage16, ganz im Sinne DaDa erlebt ihr an diesem Abend unter anderem Geschichten, Live Musik, Theater, Texte und Performances von euren Gastgebern Lea Streisand, AnniKa von Trier, Sebastian Lehmann, Maik Martschinkowsky, Suleiman Masomi, Flunker Produktionen und Polkageist. Weitere Infos findet ihr auch auf Facebook. Auch hier, sowie auch in den darauf folgenden Wochen, ist der Eintritt frei. Es gibt also keine Ausreden! Save the Date! #montage16