Maria und der Paragraph – Die Ausstellung zum Recht auf Abtreibung

26. Februar 2021

Auf der März-Ausgabe der AIZ aus dem Jahr 1931 prangt ganzseitig das Bild einer jungen Frau. Dr. Else Kienle ist Ärztin in Stuttgart. Sie sitzt zu diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft, zusammen mit dem Arzt Friedrich Wolf. Ihr Verbrechen: Sie führt Schwangerschaftsabbrüche durch. Der Vorwurf lautet „gewerbsmäßige Abtreibung“, ein Straftatbestand nach §218, auf den eine Gefängnisstrafe bei Verurteilung folgt. Kienle geht, um ihre Haftentlassung zu erzwingen, in den Hungerstreik. Der folgende Proteststurm erhitzte die Debatte um den „Schandparagraphen 218“ erheblich und mündete in einer Kundgebung am 15. April 1931 im Berliner Sportpalast mit über 100.000 Teilnehmer*innen.

Fast 40 Jahre später veröffentlich der Stern seine mittlerweile berühmte Ausgabe „Wir haben abgetrieben!“. Über 300 Frauen geben darin öffentlich bekannt, eine Schwangerschaft abgebrochen zu haben. Die Ausgabe löst eine heftige Debatte um den §218 aus, in dessen Windschatten sich diverse feministische Gruppen gründen. In den folgenden Jahren gibt es eine Vielzahl von Demonstrationen, Protestaktionen und Konferenzen.

2017 greift die taz das Design des Stern-Covers auf. Unter dem Titel „Wir machen Schwangerschaftsabbrüche!“ bildet die Tageszeitung 30 Ärzt*innen ab. Sie zeigen sich solidarisch mit Dr. Kristina Hänel, die auf ihrer Internetseite über den Abbruch informierte und dafür mittels §219a belangt wurde.

Drei Cover, drei Auseinandersetzungen, eine Geschichte:  Seit dem Jahr 1871 – also seit mittlerweile 150 Jahren – ist ein Schwangerschaftsabbruch einheitlich im Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches geregelt und teilweise unter Strafe gestellt. Seit ebenso langer Zeit gibt es Diskussionen und Proteste gegen diesen Paragrafen, welche schon immer eng mit linken und feministischen Bewegungen verbunden waren und sind.

Wir, das Münzenberg Forum Berlin, erzählen diese Geschichte in einer neuen Ausstellung unter dem Titel „Maria und der Paragraph“. Maria, eine fiktive Frau, führt durch die historische Entwicklung des Paragrafen mit all seinen sozialen, politischen und rechtlichen Dimensionen anhand von historischen Plakaten, Filmen, Büchern, Zeitungen, Fotos und Musik.

Die Ausstellung wird vom 1. April bis zum 30. Mai 2021 in der Kunstkantine im FMP1 zu sehen sein. Der Eintritt ist wie immer frei. Weitere Informationen finden sich unter: mariaundderparagraph.de