Brief an Boris Preckwitz

16. März 2017

Preckwitz-200200Im April 2015 haben Sie im Rahmen unserer `MÜNZENBERG LEKTIONEN` Ihre wunderbare Edition des Majakowskischen Poems „Der Fliegende Proletarier“ vorgestellt. Wir haben dort gemeinsam über die Erwartungen des Menschen (Proletariers) an eine freie, emanzipatorische, innovative und sozial gerechte Gesellschaft und die Möglichkeiten der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen an dieser diskutiert. Majakowski und Münzenberg, ein zentraler Organisator und Mitgestalter internationaler Solidaritätsbewegungen der 1920er Jahre, waren in dieser Frage mehr als wesensverwandt.

 

Kampf gegen Unterdrückung und Ausbeutung, internationale Solidarität und Propaganda gegen Faschismus, Rassismus und Ausgrenzung waren die prägenden Merkmale der Tätigkeit. Aus diesem Grund fand seine Arbeit Nachhall und Unterstützung in einem internationalen Netzwerk aus Künstlerinnen und Künstlern, Politikern, Aktivisten und Arbeitern und Arbeiterinnen unabhängig von ihrer Nationalität.

 

Mit Befremden und Enttäuschung nehmen wir nun zur Kenntnis, dass sie Ihre politische Heimat mittlerweile in der Alternative für Deutschland (AfD) gefunden haben. Dies kann auch kein Fauxpas sein, sind sie doch immerhin Beisitzer des Vorstandes des Bezirksverbandes Mitte.

 

Die Werte der AfD stehen aus unserer Sicht dem Bestreben, einer freien, emanzipatorischen Welt, ohne Ausbeutung und Unterdrückung diametral entgegen. Wie wir bei dem Landesvorsitzenden Ihrer Partei in Thüringen, Herr Höcke, lernen konnten, bedient sie völkisches Gedankengut und schreckt vor rassistischen Positionen nicht zurück. Sie zielt auf ein Rollenbild von Geschlechtern, dass keine Wahlmöglichkeit mehr lässt, sondern sie sogar noch festschreibt und zementieren möchte. Sie möchte gesellschaftliche Ungleichheit nicht aufheben und agitiert offen gegen versuche dies zu tun, beispielsweise bei der rechtlichen Gleichstellung von Homosexuellen oder der Debatte um Frauenquoten. Schlussendlich vertritt sie Positionen, die eine soziale Zuspitzung für Arbeitslose und Geringverdiener zu Folge haben. Erwähnt seien hier nur die geplante Erhöhung des Renteneintrittsalters, die Privatisierung des Arbeitslosengeldes und  der Steuererleichterung für Reiche und Vermögende.

 

Her mit dem Himmel

 

In erster Linie jedoch verweigert Ihre Partei denen, die aus unterschiedlichsten Gründen ihre Heimat verlassen in ihrer akuten Not die Solidarität in dieser Gesellschaft und spielt sie gegen die ebenso berechtigten Interessen von Menschen in diesem Land zur gleichberechtigten Teilhabe aus.

 

Wir denken, dass dies mit dem Geist des von Ihnen präsentierten Wladimir Majakowski unvereinbar ist.

 

Mit freundlichen Grüßen

Mathias Nehls
i.A. des Münzenberg Forums Berlin

 

P.S. Wir haben diesen Brief als Ergänzung zu unserem Veranstaltungsbericht auf unserer Seite `www.münzenbergforum.de` veröffentlicht. Sollten Sie uns antworten, werden wir Ihre Antwort ebenfalls veröffentlichen. Ganz im Sinne Münzenbergs werden wir die Debatte führen.