Anekdoten zur Verlagsgeschichte – Wie Harry Domela zu Wilhelm von Preußen wurde

18. April 2017

1927: Im Januar endet die wohl größte Hochstaplergeschichte der Weimarer Republik vor Gericht. Der Angeklagte Harry Domela wird zu einer siebenmonatigen Haft verurteilt, in der er sein Buch „Der falsche Prinz. Leben und Abenteuer des Harry Domela“ schreibt. Es erscheint in einer 120.000er Auflage im Malik Verlag und macht ihn zum ersten deutschen Medienstar.

 

Bis dahin war es ein weiter Weg für Domela. Geboren im deutsch-baltischen Livland kämpft er als Kindersoldat im Freikorps „Brandis“. Nach dessen Auflösung gilt er in der Heimat als Hochverräter und ist für die Deutschen ein Ausländer. Ohne Papiere schlägt er sich mit Gelegenheitsjobs durch. Bald nennt er sich an seine Heimat anlehnend „von Liven“. In Darmstadt fragt Domela bei Graf Hardenberg nach Arbeit und erhält als Standesgenosse Unterstützung. Die Masche funktioniert gut. 1926 stellt er sich im Verbindungslokal des Corps der „Saxo Borussen“ als Prinz Liven vor und wird begeistert aufgenommen. In Erfurt residiert er anschließend unter dem Namen Baron Korff im edlen „Erfurter Hof“. Der Hoteldirektor glaubt den Hohenzollern-Prinzen Wilhelm vor sich zu haben. Domela kostet das Missverständnis voll aus. Zur geladen Hasenjagd in bester Gesellschaft schreibt er ins Jagdbuch sein Ergebnis: „Wilhelm, Prinz von Preußen – acht Hasen“.

 

Als Zweifel an seiner Identität aufkommen, setzt sich der falsche Prinz Richtung Frankreich ab, um dort in die Fremdenlegion einzutreten. Noch vor seinem Ziel wird er 1927 in Köln gefasst. Der anschließende Prozess wird zum öffentlichen Ereignis, ebenso sein Buch und die Medienauftritte. Sie bringen ihm wohl an die 250.000 Mark und dem deutschen Adel Hohn und Spott.