Willi Münzenberg über den „MÜNZENBERG-Konzern“

Mai 1929
chronik  

Berlin: MÜNZENBERG antwortet in der Zeitschrift Der Rote Aufbau auf Vorwürfe des sozialdemokratischen Publizisten Eugen Prager. In der Öffentlichkeit war unter anderem durch Prager die Rede vom undurchsichtigen „MÜNZENBERG-Konzern“ aufgekommen. Die Existenz eines Konzerns leugnet MÜNZENBERG nicht:

„Wir sind mit dem Namen ‚Konzern‘ einverstanden. Wir wollen wirklich einen großen roten Konzern wirtschaftlicher Unternehmungen aufbauen. Freilich nicht einen Münzenberg-Konzern und nicht einen Brandler-Konzern, sondern den Konzern einer proletarischen Organisation unter der Kontrolle und zur unmittelbaren Unterstützung dieser Organisation.“

MÜNZENBERG will bürgerlichen und sozialdemokratischen Konzernen Meinungsmonopole streitig machen. Tatsächlich dirigiert er als Erster Sekretär der IAH das nach dem „Hugenberg-Konzern“ zweitgrößte Medienimperium der Weimarer Republik. Ganz grundsätzlich antwortet er Prager zum spezifischen Charakter der von ihm rund um die Internationale Arbeiterhilfe geführten Unternehmen:

„Nicht die Tatsache des Bestehens wirtschaftlicher Unternehmungen entscheidet darüber, ob die das Unternehmen beherrschende Arbeiterorganisation sozialistisch oder nichtsozialistisch ist, sondern die Frage, wie sie organisiert sind und welchen Zwecken sie dienen. Es ist nicht nur das Recht proletarischer Organisationen, wirtschaftliche Unternehmungen zu besitzen, sondern geradezu ihre Pflicht. Nur politische Kindsköpfe, philosophische Spekulanten an den Kaffeehaustischen oder müde Leute, die ihren Frieden mit der kapitalistischen Gesellschaft geschlossen und dafür einen Bürgermeister- oder Redakteurposten ergattert haben, können auf wirtschaftliche Unternehmungen als Stützpunkte für eine breite revolutionäre Massenpropaganda und Agitation verzichten.

Da wir zu keiner dieser Kategorie gehören, werden wir trotz aller Angriffe fortfahren, die Agitationskraft unserer Organisation durch proletarische wirtschaftliche Unternehmungen zu verstärken. Wir sind keine Utopisten, wir haben nicht die Illusion eines Owen oder der Sozialdemokraten, die leitende Stellen in ihren genossenschaftlichen und wirtschaftlichen Unternehmungen bekleiden und die glauben, den Kapitalismus mit friedlichen Mitteln auf dem Wege immer größer werdender wirtschaftlicher Unternehmungen der Arbeiterklasse überwinden zu können. Wir wissen als Marxisten, daß die kapitalistische Gesellschaft nur durch die proletarische Revolution überwunden werden kann, daß einst der Tag kommen wird, ‚da die Waffen der Kritik umschlagen werden in die Kritik der Waffen‘.

Für uns sind daher alle wirtschaftlichen Unternehmungen der Arbeiterorganisation nur Mittel zum Zweck der Steigerung revolutionärer Agitation. Diesen Zweck erkennen wir einzig und allein an und dem sind die wenigen wirtschaftlichen Unternehmungen, die wir in den letzten Jahren aus eigener Kraft und eigenen Mitteln im Zusammenhang mit unserer Organisation entwickeln konnten, unmittelbar dienstbar gemacht.“