Am Grab von Willi Münzenberg
Am 27.04.2022 war es so weit. Nach mehrjähriger Vorbereitung gründete sich in Montagne bei St. Marcellin ein europäischer Verein zur Restaurierung und zukünftigen Betreuung des auf dem Friedhof des Dorfes gelegenen Grabes sowie der Erinnerung und weiteren Aufklärung der Umstände seines Todes im Juni 1940. An dieser Veranstaltung nahmen auch Vertreter:innen des Münzenberg Forums Berlin teil.
Vorangegangen war dem eine nicht einfache Aufklärung der Eigentumsverhältnisse an der Grabanlage. Zur Erinnerung: Die Grabstelle war nach Ende des Krieges auf Bitten von Babett Gross durch den langjährigen Begleiter Willi Münzenbergs, Hans Schulz, in Montagne erworben und errichtet worden. Mit dem Tod beider ging mit dem Verschwinden der Erinnerung an Willi Münzenberg auch die Erinnerung an das Grab verloren. Neben den von den Nachfahren der Verstorbenen des Ortes gepflegten Gräbern blieb das Grab des einzigen hier mit einem Grab erinnerten Deutschen über Jahrzehnte allein und unbekümmert.
Geschichtsinteressierte Einwohner:innen der Region begannen sich bereits Anfang der 1980er Jahre für das Grab und die Hintergründe seiner Errichtung zu interessieren. In einer ersten Willi Münzenberg Konferenz im Jahr 1989, an der auch Historiker:innen aus der Bundesrepublik teilnahmen diskutierten sie ihre Erkenntnisse zu den Ereignissen um den Tod in den Sommermonaten des Jahres 1940. Darüber berichteten Vertreter:innen auch auf dem 1. Internationalen Willi Münzenberg Kongress 2015 in Berlin. Allein auch in Frankreich kann niemand Hand an den Erhalt eines Grabes legen, wenn die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt sind. Jetzt acht Jahre später ist dies nach aufwendigen Recherchen insoweit gelungen, dass in Folge fehlender Erben von Hans Schulz die Gemeinde in die Auflassung des Grabes eintreten könnte. Damit wäre es für immer verloren. Sie könnte eine Pflege aber auch hilfsweise an einen neuen Vertreter übertragen. Damit dies langfristig gesichert werden kann, war die Gründung einer Organisation, die auch vor Ort aktiv ist, notwendig geworden. Dem ist nun mit der Gründung des Vereins Rechnung getragen. Die Initiative dazu ging von jener Gruppe, die sich bereits in den 1980er Jahren in der Region und Dr. Bernhard Bayerlein aus und wird durch die örtliche Bürgermeisterin, die am Treffen teilnahm, unterstützt.
Bereits zum 125. Geburtstag im Jahr 2014 hatten Vertreter:innen des Berliner Forums das Grab besucht, von Verwilderung befreit und eine kleine Tafel mit einem Gedicht Münzenbergs und Gruß der im Forum am FMP1 assoziierten Organisationen hinterlassen. Diese Tafel konnten die Berliner Vertrer:innen, die an Gründung teilnahmen, wiedersehen. Das Forum hat sich bei Vereinsgründung auch bereit erklärt, die Sanierung und Pflege des Grabes zukünftig wirtschaftlich sowie durch Materialien aus seiner Forschung zu unterstützen. Damit ist über die Tafel aus dem Jahr 2014 hinaus die Brücke zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit zwischen Berlin und Montagne geschaffen. Die ebenfalls dem Verein beigetretenen international zusammengesetzten Erforscher:innen der Geschichte von Komintern, IAH und Münzenberg werden diese neue Kooperation für die die Vertiefung und Publizierung ihrer Erkenntnisse zum Tod Willi Münzenbergs nutzen. Ein letzter Stand zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung um den Tod Münzenbergs findet sich im E-Reader zum 1. Internationalen Willi Münzenberg Kongress, der 2015 in Berlin stattfand.
Wir, die wir an der Gründung des Vereins teilnahmen, können den Besuch der von Walnussbäumen bewaldeten, hügeligen Landschaft um Montagne, St. Marcellin und Grenoble nur empfehlen. Wer dabei das Grab von Münzenberg besucht, möge so wie es es im Gedicht von Münzenberg heißt, drei rote Rosen auf dieses legen und vielleicht dann nur das eine oder andere, dann weniger sprießende Unkraut beseitigen.
In Berlin werden wir die Brücke nach Montagne mit einem Walnussbaum auf dem jetzt in Umgestaltung befindlichen Franz-Mehring-Platz schlagen.