Die Editions du Carrefour als Flaggschiff

01. Januar 1934
chronik  

Die Éditions du Carrefour, die ihren Namen nach ihrer Lage an einer Straßenkreuzung erhalten hatte und mit Geldern der Komintern finanziert wurde, war zu einem deutschen Exilverlag geworden, der bis zu seinem Ende 1937 nachweislich 56 Bücher bzw. Broschüren herausgebracht hat, darunter 13 belletristische Titel (von Egon Erwin Kisch, Gustav Regler, Walter Schönstedt, Anna Seghers, Louis Aragon, Sidney Fowler Wright, Jef Last, André Malraux, Bodo Uhse, Karl Billinger <d.i. Paul Wilhelm Massing>, zwei davon, also Bernard Lecache und Boris Levine, nur in Französisch. Eine Sonderstellung nehmen die Gedichte von J.R.Becher und die „Lieder, Gedichte und Chöre“ von Bert Brecht und Hanns Eisler ein).

Unmöglich, hier alle die Sachtitel zu nennen, aber die Éditions du Carrefour brachte die Schriften des Welthilfskomitees für die Opfer des Hitlerfa-schismus ebenso heraus wie die des Weltkomitees gegen Faschismus und Krieg. Damit aber deutet sich ein Paradigmenwechsel an, der von der Solidarität für die Opfer des Faschismus zur Warnung vor der Vorbereitung eines neuen Krieges überging. Zwei Bücher sollen dafür als Beispiele genannt werden: 1936 erschien ohne Angabe des Verfassers, in Wirklichkeit aber von Maximilian Scheer zusammengestellt, der Tatsachenbericht „Das deutsche Volk klagt an“. Dieses Buch, eine erschütternde Bilanz des nationalsozialistischen Terrors und Unrechts, hatte den Untertitel „Hitlers Krieg gegen die Friedenskämpfer in Deutschland“. In den Vordergrund wurde also nicht mehr der Klassenkampf oder die Verteidigung der Republik gestellt, sondern der Kampf um den Frieden. Dem Laika-Verlag in Hamburg ist es zu verdanken, dass dieses Buch jetzt als Reprint wieder zugänglich ist. Internationale Beachtung fand das von Dorothy Woodman, Labour-Politikerin, Mitglied der International Fabian Society und Sekretärin der Union für demokratische Kontrolle, herausgegebene Buch „Hitler treibt zum Krieg“. Dieses Buch war in Wirklichkeit von dem deutschen Kommunisten Albert Schreiner verfasst und zusammengestellt worden. Schreiner, der auf ein wechselvolles Engagement in der deutschen Arbeiterbewegung zurückblicken konnte, hatte sich zum Militärfachmann entwickelt und sollte noch mit weiteren Publikationen in den Exilverlagen warnend auf die Aufrüstung und die Bedrohung durch Nazi-Deutschland hinweisen. In diesem Buch, das den Untertitel „Dokumentarische Enthüllungen über Hitlers Geheimrüstungen“ trägt, wird penibel alles Material gesammelt, was die sich wenige Jahre später als richtig erweisende Warnung „Hitler treibt zu Krieg“ faktenreich belegt. Dieses Buch, das zuvor in England unter dem Titel „Hitler Rearms“ erschienen war, wurde auch von der VEGAAR übernommen, hier allerdings unter dem Titel „Der Faschismus treibt zum Krieg“. Albert Schreiner setzte sich nicht nur theoretisch mit dem Faschismus auseinander, sondern baute ab August 1936 in Spanien die „Centuria Thaelmann“ mit auf und war im Frühjahr 1937 Stabschef der XIII. Internationalen Brigade.

 

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Beiträger: Werner Abel, Esther Winkelmann, Raimund Waligora